Landwirtschaft, Insektenschutz und Tierwohl
Monokulturen, überdüngte Böden, Massentierhaltung, schwindende Artenvielfalt – die industrielle Landwirtschaft schadet Mensch und Tier. Das muss sich ändern: Wir brauchen dringend eine Agrarwende. Campact streitet deshalb für eine vielfältige, bäuerliche Landwirtschaft. Erfahre hier alles über aktuelle Kampagnen und Aktionen.
Landwirtschaft, Insektenschutz, Tierwohl: Aktuelle Aktionen
Die industrielle Landwirtschaft verursacht Tierleid, heizt die Klimakrise an und beschleunigt das Artensterben. Und doch wird dieses System finanziell belohnt: Jährlich landen Milliarden aus der EU bei der Agrarindustrie. Die EU fördert mit der „Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik” (GAP) vor allem große Betriebe – statt kleine Höfe, Tierwohl und Artenschutz zu unterstützen. Das muss sich ändern: Wir brauchen dringend eine Agrarwende. Campact streitet deshalb für eine vielfältige, bäuerliche Landwirtschaft.
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Die Folgen der industriellen Landwirtschaft
Artenvielfalt geht verloren
Monokulturen und Pestizide treiben das Artensterben voran. Auf Landwirtschaftsflächen sind innerhalb von 20 Jahren fast dreimal mehr Vogelarten verschwunden als in anderen Lebensräumen. Insgesamt steht es schlecht um die Biodiversität in der EU – 60 Prozent der Arten und 77 Prozent der Lebensräume sind in einem „ungünstigen“ Schutzzustand.
Höfesterben
In der EU haben zwischen 2003 und 2016 ein Drittel aller Bauernhöfe aufgegeben. Die Großen werden immer größer – 3,1 Prozent aller Betriebe bewirtschaften mehr als die Hälfte des Agrarlands. Auch in Deutschland sterben die Höfe aus: Jeden Tag schließen zehn Betriebe für immer.
Tierleid in der Massentierhaltung
Deutschland produziert mehr Milch und Schweinefleisch als jedes andere EU-Land. Oft unter katastrophalen Bedingungen – es fehlt an Platz und Auslauf, die Tiere können sich nicht bewegen oder beschäftigen.
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Was ist die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik?
Die „Gemeinsame Europäische Agrarpolitik“ (GAP) ist ein Paket an Fördergeldern, über das die EU alle sieben Jahre neu entscheidet. In den Jahren 2013 bis 2020 waren das etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr. 2021 lag die Summe mit knapp 55,7 Mrd. Euro. etwas darunter.
Mit dieser riesigen Summe ließe sich eine Wende in der Landwirtschaft anstoßen. Umweltorganisationen – aber auch Bäuer*innen – fordern, das Geld für den Schutz von Klima und Artenvielfalt einzusetzen. Es sollte den Bauernhöfen zukommen, die Tierschutz umsetzen und verantwortungsvoll mit Böden und Grundwasser umgehen.
Über Jahrzehnte wurden die Fördergelder der GAP anhand der Anbaufläche der Betriebe verteilt. Große Betriebe wuchsen so immer schneller – kleine Höfe konnten nicht mehr mithalten; für sie gab es nur kleine Beträge. 80 Prozent der Subventionen gingen so in Deutschland zuletzt an 20 Prozent der Betriebe.
Wie kann mit der GAP die Agrarwende angestoßen werden?
Das von der EU im Herbst 2020 vorgelegte Konzept für die GAP schafft es nicht, einen ausreichenden Beitrag zu den europäischen Klimaschutzzielen zu leisten. Die im sogenannten „Green Deal” und in der auf die Landwirtschaft konzentrierten Artenschutz-Strategie („Farm to Fork“) genannten Ziele – wie 50 Prozent weniger Pestizideinsatz oder 20 Prozent weniger Düngereinsatz – kann diese GAP nicht erfüllen.
Allerdings hat die EU alle Mitgliedstaaten aufgefordert, einen eigenen Plan für die Umsetzung vorzulegen, der die EU-Maßnahmen übertreffen darf. Doch der in großen Teilen von der ehemaligen Bundesregierung ausgearbeitete Strategieplan Deutschlands verfehlt die Ziele beim Klimaschutz, bei der Wiederherstellung der Biodiversität, beim Ausbau des Ökolandbaus, beim Umbau der Nutztierhaltung sowie einer zielgerichteten Unterstützung von Landwirt*innen. Für 2023 plant Landwirtschaftsminister Özdemir eine Reform.
Angesichts der akuten Klimakrise und des Artensterbens muss in Deutschland nun endlich eine mutige Agrarpolitik zum Zuge kommen – viel zu lange profitierte vor allem die Agrarindustrie von den Fördergeldern. Gelingt es, die EU-Fördermilliarden gerecht zu verteilen, kann das der Anstoß für die Agrarwende sein.
Bienensterben: Das sind die Gründe
Das Bienen- und Insektensterben ist weltweit ein großes Problem. Studien zeigen, dass die Masse an fliegenden Insekten allein in Deutschland innerhalb der vergangenen 30 Jahre um mehr als 75 Prozent geschrumpft ist. Im Winter 2018/2019 ist rund jedes siebte Honigbienenvolk gestorben. Die Hälfte der über 560 Wildbienenarten, die in Deutschland vorkommen, ist gefährdet. Dabei sind Bienen für uns Menschen und die ökologische Vielfalt enorm wichtig. Zusammen mit anderen Insekten sorgen sie für die Bestäubung und damit die Vermehrung von Pflanzen. Rund 80 Prozent der Blütenpflanzen in den gemäßigten Breiten sind auf Bestäubung angewiesen. Von ihren Früchten und Samen ernähren sich Kleinsäuger, Reptilien, Vögel und andere Tiere. In der Landwirtschaft sind zwei Drittel aller Nutzpflanzen wie etwa Kirschen, Äpfel, Tomaten, Kürbisse oder Erdbeeren davon abhängig, von Insekten angeflogen zu werden.
Bienen brauchen Vielfalt. Je vielfältiger das Nahrungsangebot, desto widerstandsfähiger sind Bienen gegen Krankheiten und Parasiten. Honigbienen, die vielfältige Nahrung aufnehmen, weisen ein stärkeres Immunsystem auf, als einseitig ernährte Bienen.
Doch in unseren aufgeräumten Landschaften hat Vielfalt keinen Platz. Sogenannte Unkräuter werden in der intensiven Landwirtschaft radikal und mit hohem Pestizid-Einsatz entfernt. Wiesen werden mehrmals im Jahr als Tierfutter gemäht, noch bevor sie blühen. Rasen, Grünstreifen und Parkanlagen werden kurz gehalten, Blühpflanzen abgemäht. In Landschaften mit großflächigen, einseitigen Monokulturen aus Getreide oder Mais können Bienen sogar verhungern.
Viele Wildbienenarten sind sehr spezialisiert und brauchen als Futter den Pollen genau einer Pflanzenart oder einer Pflanzenfamilie. Verschwindet diese Pflanze aus der Landschaft, verschwindet auch die Biene. Wildbienen finden auch immer weniger Nistmöglichkeiten, weil Flächen versiegelt werden, tote Bäume entfernt und altes Gestrüpp beseitigt wird.
In der industriellen Landwirtschaft werden Pestizide eingesetzt, um gezielt bestimmte Insekten zu töten – sogenannte Insektizide. Für Bienen besonders gefährlich sind Neonikotinoide. Das sind Nervengifte, die Pflanzen vor saugenden und beißenden Insekten schützen sollen – zum Beispiel dem Maiszünsler. Die Pestizide werden entweder auf die Pflanzen gespritzt oder als Beize auf das Saatgut aufgetragen.
Neonikotinoide haben eine gravierende Nebenwirkung: Sie töten Bienen. Bereits bei einer niedrigen Dosierung beeinträchtigen sie die Orientierungsfähigkeit der Tiere. Kommen Bienen mit dem Insektengift in Kontakt, verlieren sie ihre Orientierung und ihr Erinnerungsvermögen. Dann finden sie zum Beispiel nicht mehr zu ihrem Stock zurück. Außerdem schwächt das Gift das Immunsystem der Tiere und macht sie anfälliger für Krankheiten und Parasiten.
2018 hat die EU drei besonders gefährliche Bienengifte aus der Gruppe der Neonikotinoide verboten. Unter freiem Himmel dürfen die Mittel nicht mehr angewendet werden, in Gewächshäusern jedoch weiterhin.
Auch andere Pestizide schaden Bienen. Glyphosat ist das in Deutschland am meisten verkaufte Unkrautvernichtungsmittel. Im September 2018 fanden Forscher*innen heraus, dass das Mittel die Abwehrkräfte von Honigbienen schwächt – und sie deshalb leichter an Infektionskrankheiten sterben.
Für Honigbienen sind Varroamilben eine weitere Bedrohung. Ist ein Bienenstock mit der Milbe befallen, sterben die jungen Bienen meist rasch nach dem Schlüpfen. Erwachsene Bienen haben ein geschwächtes Immunsystem und überleben den nächsten Winter nicht. Geschwächte Bienen sterben außerdem leichter an den Viren oder Bakterien, die ebenfalls von den Milben in die Bienenstöcke eingeschleppt werden.