Stoppt das Billigfleisch-System!

Der Tönnies-Skandal hat System: Billigfleisch gefährdet täglich Menschen, Tiere und Umwelt. Um das System zu stoppen, protestierten wir im Netz, in der Zeitung und auf der Straße: Über 340.000 Menschen unterzeichneten einen Appell an die damalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Eine Anzeige in der Süddeutschen Zeitung platzierte den Protest prominent und unübersehbar in den Medien.

Dieses System ist krank: Mensch, Tier und Umwelt leiden unter der Massenproduktion in der Fleischindustrie. Campact startet einen Appell
Campact Nach dem Tönnies-Skandal: Es ist fast gut Nach dem Tönnies-Skandal hat sich der gesetzliche Schutz für Mitarbeiter*innen der Fleischbranche deutlich gebessert. Das wäre ohne breiten Protest nicht möglich gewesen. Mehr erfahren

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5-Minuten-Info

Der Tönnies-Konzern hat seinen Hauptsitz in Rheda-Wiedenbrück und ist der viertgrößte Schweineschlachter der Welt. Das Unternehmen feierte 2019 Rekordumsätze und meldete, erstmals in der Firmengeschichte die 7-Milliarden-Euro-Marke geknackt zu haben.

Tönnies schlachtete 2019 an all seinen Standorten zusammen fast 21 Millionen Schweine und über 440.000 Rinder. Der Fleischriese setzt seit Jahren zunehmend auf den Export: 50 Prozent des Fleisches verkaufte Tönnies 2019 ins Ausland, große Mengen davon einmal rund um die Erde nach China.

In den Supermärkten begegnet uns Tönnies etwa unter den Namen „Meine Metzgerei“ (Aldi Süd), „Landjunker“ (Lidl) oder „Zur Mühle“ (dazu gehören Marken wie Böklunder, Gutfried, Marten, Lutz, Hareico, Schulte, Dölling, Weimarer, Redlefsen, Heine’s und Könecke).

Tönnies ist in Deutschland mit Abstand der größte Schweine-Schlachtkonzern, er liefert deutlich über 20 Prozent. Ihm folgen Westfleisch, Vion und Danish Crown. Seit vielen Jahren nimmt die Konzentration in der Branche dramatisch zu. Es existieren zwar noch kleine Schlachtereien – aber Schweinemastbetriebe liefern zunehmend an die großen Schlachthäuser.

Es ist eine fatale Entwicklung: Auch in der Tierhaltung gibt es immer weniger Höfe mit immer mehr Tieren. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe ist von 2010 bis 2019 um ein Drittel gesunken – auf 21.600. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 125.000 Höfe.

Die großen Betriebe liefern sich einen ständigen Wettlauf um die niedrigsten Preise und die höchsten Mengen. Die Rechte der Arbeitnehmer*innen, der Tierschutz sowie Umwelt- und Klimafragen bleiben auf der Strecke.

Westfleisch in Coesfeld, Wiesenhof in Bogen, Danish Crown und Westfleisch in Dissen, Vion in Groenlo – im Mai gab es eine erste Welle von positiven Corona-Tests in Schlachthöfen. Und während der Skandal bei Tönnies schon tobte, meldete auch ein Putenschlachthof von Wiesenhof in Wildeshausen 23 nachgewiesene Infektionen.

Die Rechnung ist einfach: Wer billiges Schweinefleisch verkaufen will, muss billige Schweine einkaufen und billige Arbeiter*innen finden. Und wer billige Schweine liefern soll, muss bei der Schweinemast alles auf Kostenminimierung setzen. 

Diesem massiven Preisdruck halten die wenigsten Landwirt*innen stand. In den letzten 20 Jahren haben über 100.000 Bauernhöfe die Haltung von Schweinen aufgegeben. Überleben konnten nur die Höfe, die immer größere Ställe mit immer mehr Technik errichteten, um die Arbeitskosten zu senken. 

Das Tierwohl spielt bei dieser Haltung keine Rolle. Muttersauen werden in enge Kastenstände gesperrt. Langeweile und Gestank erhöhen den Stress. Weil die Tiere sich unter diesen Bedingungen oft gegenseitig verletzen, werden ihnen die Schwänze abgeschnitten. Für die Turbomast braucht es Futter mit hochwertigem Eiweiß, das die Tiere schnell wachsen lässt – zum Beispiel aus Sojabohnen, für die in Südamerika der Regenwald weichen muss.

Dabei gibt es Alternativen zur Fleischindustrie: Manche Höfe setzen auf Regionalvermarktung und artgerechte Haltung. Es gibt kleinere Metzger*innen, die Tiere direkt vor Ort schlachten können. Zudem haben manche Bauernhöfe die Genehmigung zur Hofschlachtung.

Breiter Protest hat einen wichtiger Fortschritt ermöglicht: Die Bundesregierung hat Werkverträge in der Fleischbranche verboten. Seit dem 1. Januar 2021 darf Tönnies maximal 100 Leiharbeiter*innen anstellen – und die müssen fair bezahlt werden. Mehr Werkverträge verbietet das Arbeitsschutzkontrollgesetz seit Januar.

Das Problem ist damit leider nicht vorbei: Seitdem gibt es immer wieder Corona-Ausbrüche in Schlachtereien, zuletzt bei dem Konzern Danish Crown in Husum. Der Fall zeigt: Wir brauchen mehr Kontrollen in den Konzernen.

Das Infektionsgeschehen in den Schlachthöfen hat die Aufmerksamkeit auf die dortigen Arbeitsbedingungen gelenkt. Dabei ist längst klar: Die ganze Fleischbranche ist so nicht zukunftsfähig. Schon vor Jahren beauftragte die Bundesregierung ihren wissenschaftlichen Beirat – der stellte fest: Die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Art der Tierhaltung schwindet rapide.

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hat erst im Februar den Bericht ihrer Expertenkommission Tierhaltung entgegen genommen. Passiert ist bisher nichts – dass sich etwas ändern muss, machen aber die jüngsten Entwicklungen deutlich. 

Klöckner muss mehrere Hebel in Bewegung setzen: Strenge Auflagen über die maximale Dauer eines Tiertransports können die Anlieferung verängstigter Schweine aus dem ganzen Bundesgebiet zu Tönnies und anderen Schlachthöfen unmöglich machen. Außerdem braucht es gezielte Hilfen für Bauernhöfe, die wirklich lebenswerte Bedingungen für ihre Tiere schaffen. Auch eine Fleischabgabe, die Schluss macht mit der Abwälzung enormer Umweltkosten auf die Allgemeinheit, kann ein erster Schritt sein.

„Der Fleischatlas“ des BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung

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