Bonify-App: Keine Kontodaten für die Schufa
Wer eine Wohnung mieten oder einen Kredit aufnehmen will, ist oft abhängig von der Bewertung der Schufa. Jetzt will Deutschlands größte Auskunftei Dich dazu verführen, mit der Bonify-App auch Deine Kontodaten preiszugeben. Ob Gehalt oder Kontostand – all das könnte die Schufa sehen. Wir finden: Unsere Konten gehen die Schufa nichts an.
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Video mit Rayk Anders: Konto-Überwachung der Schufa stoppen
5-Minuten-Info
Die „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung”, kurz Schufa, ist die bekannteste deutsche Wirtschaftsauskunftei. Die Schufa Holding AG ist ein privates Unternehmen. Sie verdient ihr Geld damit, dass sie für ihre Vertragspartner*innen Informationen über die Kreditwürdigkeit von Privatpersonen sammelt. Als mit Abstand größte Auskunftei in Deutschland hat die Schufa quasi ein Monopol.
Die Auskunftei hat nach eigenen Angaben Daten über fast alle Bundesbürger*innen: Informationen von 68 Millionen Menschen befinden sich in ihrem Besitz. Aus den individuellen Daten erstellt sie Prognosen und errechnet den sogenannten Schufa-Score. Der soll angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Person ihre Rechnungen bezahlt. Wie genau der Score zustande kommt, ist für uns Verbraucher*innen nicht nachvollziehbar; die Schufa hält diese Informationen unter Verschluss.
Ein guter Schufa-Score ist oftmals Voraussetzung für einen Mietvertrag, einen Handyvertrag oder einen Bankkredit. Eine schlechte Schufa-Bewertung kann also schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben. Verbraucher*innen haben oft keine andere Wahl, als sich von der Schufa bewerten zu lassen – zum Beispiel, damit sie auf dem Wohnungsmarkt überhaupt eine Chance haben.
Die Schufa hat vor Kurzem die App „Bonify” gekauft. Mit deren Hilfe sollen Verbraucher*innen der Schufa Einblick in ihr Konto gewähren können. Ein freiwilliges Angebot, um den eigenen Score zu verbessern, wie die Schufa betont. Doch wer für die neue Wohnung oder den Kredit auf einen guten Schufa-Score angewiesen ist, wird zum Durchleuchten des Kontos kaum Nein sagen können. Derzeit sind die Pläne der Schufa für den Einsatz der Bonify-App noch recht unkonkret. Laut eigenen Angaben will die Schufa mit dem Konto-Scan ab dem kommenden Jahr starten.
Unsere Kontodaten enthalten viele kritische Informationen über uns. Wie viel verdienen wir, wie viel geben wir aus, können wir gut haushalten? Rechnungen von Arztpraxen, Therapeut*innen und Apotheken geben Aufschluss über unsere Gesundheit. Und Mitgliedsbeiträge und Spenden an Gewerkschaften, Organisationen oder Parteien verraten sogar unsere politische Haltung. All diese Daten sind äußerst sensibel und gehören nicht in fremde Hände – schon gar nicht in die eines mächtigen und profitorientierten Konzerns. Die Schufa behauptet, sie hätte nur Interesse an sogenannten „kreditrelevanten Informationen” wie Gehalt oder Kontostand. Doch auch wenn sie offiziell nicht an mehr interessiert ist: Zugang hätte die Schufa wohl ebenfalls zu allen anderen Kontodaten. Und auch Gehalt und Kontostand sind bereits sensible, schützenswerte Informationen. Ein weiteres Problem: Bekäme die Schufa Zugriff auf unsere Kontodaten, würde ihr Datenschatz – und damit auch die Macht und die Monopolstellung des Konzerns – weiter wachsen.
Ja. 2020 hatte die Schufa einen ganz ähnlichen Anlauf gemacht: Mit dem sogenannten „Konto-Check” wollte sie sich Zugang zu unseren Bankkonten erschleichen. Nach großem Protest unserer Bürgerbewegung begrub sie ihre Pläne. Das zeigt, wie empfindlich die Schufa auf öffentlichen Druck reagiert.
Das Scoring-Verfahren ist höchst intransparent. Die Schufa weigert sich, Informationen zum Verfahren preiszugeben und stuft es als Geschäftsgeheimnis ein. Viele Menschen erklärte die Auskunftei ohne jegliche Negativeinträge zum Risikofall – das ergab eine Recherche des Bayerischen Rundfunks und des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Den Grund erfahren die Verbraucher*innen nicht. Auch werden offenbar junge Männer generell als höheres Risiko eingestuft. Fest steht: Die Prognosen der Schufa beruhen auf teilweise sehr fragwürdigen Annahmen. Hier muss das Unternehmen dringend nachbessern.