Gemeinnützigkeitsdebatte: Demokratie braucht Debattenkultur statt Repression

Berlin, 2. April 2019. Mit großer Besorgnis sehen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, die NaturFreunde Deutschlands und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) die aktuelle Debatte um die Gemeinnützigkeit von Vereinen. Versuche, auch Umweltverbänden die Gemeinnützigkeit zu entziehen, verurteilt das Verbändebündnis aufs Schärfste. Das Vorgehen gegen Attac, Deutsche Umwelthilfe, Campact oder den BUND Hamburg werten die Verbände nicht nur als einen Versuch, einzelne Organisationen einzuschüchtern, sondern als einen Angriff auf die Zivilgesellschaft insgesamt.

Eine stabile Demokratie braucht politisches Engagement auch außerhalb von Parteien. Die Zivilgesellschaft ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Gemeinwesens“, erklären die Verbandsspitzen einstimmig. Der Umgang von Regierungen und Parteien mit kritischen Verbänden zeige, wie offen und liberal Politik und Gesellschaft sind. Die Umweltbewegung sei zum Beispiel aus der Sache heraus kritisch. Sie sei die entscheidende Kraft für die großen Demonstrationen etwa zum Klimaschutz, Atomausstieg oder auch für den Erhalt des Hambacher Waldes, für einen gerechten Welthandel oder für eine nachhaltige Landwirtschaft. BUND, Campact, DNR und die NaturFreunde Deutschlands fordern den Gesetzgeber auf, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren.

Dazu erklärt Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand bei Campact: „Stiftungen, Vereine und Verbände dürfen durch das Urteil des Bundesfinanzhofs nicht vor die Wahl gestellt werden: entweder tagespolitische Bildungsarbeit für Bürgerinnen und Bürger oder Steuerprivilegien durch den Status der Gemeinnützigkeit. Beides muss in einer lebendigen Demokratie möglich sein. Dafür muss Bundesfinanzminister Olaf Scholz diese fatale Entwicklung dringend mit einer Reform der Abgabenordnung korrigieren. Campact schließt sich den Forderungen der Allianz ‚Rechtssicherheit für politische Willensbildung e.V.‘ an.“

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: „Wir stehen vor immensen Herausforderungen und leider agiert die Politik viel zu halbherzig. Beim Klimaschutz, bei der Agrarwende, bei der Neuordnung der Mobilität von morgen oder bei der Erneuerung der Infrastruktur – überall bleibt die Politik weit hinter dem zurück, was notwendig ist. Wenn sie in ökologischen Fragen reagiert, dann in der Regel nur auf Druck der Öffentlichkeit, insbesondere der Umwelt- und Naturschutzverbände. Wir brauchen eine offene, ehrliche Auseinandersetzung und eine lebendige politische Debatte, die demokratisch ausgetragen wird, und keine Versuche, kritische Verbände mundtot zu machen.“

Die Grundlage der Debatte um die Gemeinnützigkeit muss der Austausch von Argumenten sein, nicht aber Verbote und Angst“, erklärt Michael Müller, Bundesvorsitzender NaturFreunde Deutschlands. „Das wollen vor allem die Unionsparteien aber auch die FDP nicht akzeptieren.“ Mit Blick auf die gezielten Angriffe auf zivilgesellschaftliche Verbände sagt er: „Nicht die DUH ist für die Manipulation der Dieselmotoren verantwortlich, sondern hat sie aufgedeckt. Nicht Attac hat die Ungerechtigkeiten im Steuersystem gemacht, sondern kritisiert sie. Nicht Campact schädigt die Demokratie, sondern fördert und belebt das Engagement der Bürgerinnen und Bürger.“

Als Dachverband von 90 Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen stellt auch der DNR mit Sorge fest, dass die Angriffe auf die Unabhängigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen in jüngster Zeit deutlich zugenommen haben. „Eine engagierte und kritische Zivilgesellschaft ist Garant für eine lebendige Demokratie. Ohne sie kann die notwendige Transformation in Bereichen wie Verkehr, Landwirtschaft oder Energie nicht erfolgreich bewältigt werden“, sagt Florian Schöne, politischer Geschäftsführer des DNR. 

Forderungen zur Änderung der Abgabenordnung
https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/forderungen/
Campact-Petition zum Thema:
https://www.campact.de/gemeinnuetzigkeit/ 
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