Bundesverfassungsgericht gegen AfD verteidigen

Fast 400.000 Menschen haben unseren Appell zum Schutz des Verfassungsgerichts unterzeichnet – mit Erfolg. Künftig können wichtige Regeln für das Verfassungsgericht nur noch durch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag geändert werden. Regeln wie: die Anzahl der Richter*innen, die Länge ihrer Amtszeit, der Ausschluss einer Wiederwahl und die Altersgrenze. Warum das so wichtig ist? Immer wieder versuchen Autokraten, Verfassungsgerichte unter ihre Kontrolle zu bringen, das zeigt ein Blick nach Polen, Ungarn oder die USA. Die Änderung ist ein Meilenstein für die Demokratie!

Blog Besserer Schutz für das Bundesverfassungsgericht Das Bundesverfassungsgericht wird besser geschützt. Was der Bundestag beschlossen hat und warum die Entscheidung auch ein Weckruf ist. Mehr erfahren

5-Minuten-Info

Mit den hohen Umfragewerten der AfD wächst bei Expert*innen die Sorge, dass die rechtsextreme Partei Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht nehmen könnte. Die Justiz zu unterwandern, um den Rechtsstaat zu schwächen: Diese Taktik haben rechtsnationale und autoritäre Kräfte in anderen Ländern erfolgreich angewandt, etwa die ehemalige PiS-Regierung in Polen oder Ungarns Regierungschef Viktor Orbán. Einmal an die Macht gelangt, haben sie die Kompetenzen der Verfassungsgerichte deutlich beschränkt, damit diese die Regierung nicht mehr wirksam kontrollieren konnten – eine durchtriebene Strategie, um demokratische Prinzipien abzuschaffen und die Herrschaft autoritärer Regierungen zu sichern.

Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes, also der Verfassung der Bundesrepublik. Es ist das höchste Gericht Deutschlands und stellt sicher, dass die Grundrechte aller Bürger*innen gewahrt werden. Außerdem hat das Gericht eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung und dem Bundestag. Sollten Demokratiefeinde Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht erlangen, könnte dies die Gewaltenteilung und damit den Fortbestand von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland ernsthaft bedrohen.

Die 16 Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts werden zur Hälfte vom Bundesrat und zur Hälfte vom Bundestag gewählt. Für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen nötig. Sollte die AfD künftig mehr als ein Drittel der Sitze im Bundestag besetzen, könnte sie die Wahl der Kandidat*innen dort blockieren. Damit hätte die AfD ein mächtiges Druckmittel, das sie nutzen könnte, um eigene Richter*innen durchzusetzen: Die Zustimmung zu den Kandidat*innen der anderen Parteien könnte sie an die Bedingung knüpfen, dass diese im Gegenzug AfD-Richter*innen wählen. 

Auch über andere Wege können Demokratiefeinde Gerichte empfindlich schwächen. Etwa indem sie dafür sorgen, dass das Gericht nicht mehr effizient arbeiten kann: In Polen zum Beispiel hat die autoritäre PiS-Regierung die Verfassungsrichter*innen dazu verpflichtet, Fälle nicht mehr nach Relevanz zu behandeln, sondern in der Reihenfolge, in der sie eingereicht werden. Das Gericht wurde so mit einer Vielzahl weniger wichtiger Fälle überfrachtet und konnte die Gesetze der PiS-Regierung nicht mehr kontrollieren. Auch die Änderung von Amtszeiten für Richter*innen oder das Einsetzen einer zusätzlichen Kammer am Gericht kann die Unabhängigkeit und die wirkungsvolle Arbeit der Justiz gefährden. 

Auch in Deutschland wäre all dies möglich. Die Bestimmungen zur Arbeitsweise unseres höchsten Gerichts sind im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Dieses Gesetz kann der Bundestag mit einer einfachen Mehrheit ändern. Sollte die AfD also im Bundestag weiter an Macht gewinnen, könnte sie vergleichsweise einfach das Gericht in Karlsruhe angreifen, indem sie die Regeln ändert, nach denen das Gericht arbeitet.

Um Angriffe von Demokratiefeinden abzuwehren, kann der Bundestag die Bestimmungen zur Arbeitsweise des Verfassungsgerichts im Grundgesetz verankern. Dann bräuchte es für Änderungen, die das höchste Gericht betreffen, künftig nicht nur eine einfache, sondern eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Eine solche Änderung des Grundgesetzes fordern viele Expert*innen, darunter auch ehemalige Verfassungsrichter*innen
Besonders dringend muss eine Regelung her, die es erschwert, die Wahl neuer Verfassungsrichter*innen zu blockieren. Diese Taktik könnte die AfD nämlich bereits dann anwenden, wenn sie mehr als ein Drittel der Sitze im Bundestag bekommt. Verhindern ließe sich eine solche Blockade etwa durch ein Gremium, das neue Verfassungshüter*innen ernennen kann, wenn im Parlament keine Mehrheit für neue Richter*innen zustande kommt. Expert*innen schlagen hierfür den Bundesrat oder die Präsidien der obersten Gerichte vor.

Um das Verfassungsgericht mit einer Grundgesetzänderung zu schützen, brauchen die demokratischen Parteien eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Sollte die AfD nach künftigen Wahlen mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellen, wäre es zu spät – dann kann die rechtsextreme Partei eine solche Verfassungsänderung blockieren. Auch bei der Wahl neuer Verfassungsrichter*innen hätte die AfD bereits eine Sperrminorität und könnte diese nutzen, um eigene Richter*innen durchzusetzen. In vielen Umfragen liegt die AfD seit Monaten teils über 20 Prozent. Wir von Campact und viele Demokrat*innen überall im Land streiten gegen den weiteren Machtgewinn der Rechtsextremen. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass die AfD stärker wird und eventuell sogar schon nach der kommenden Bundestagswahl eine Sperrminorität erringen kann. Daher dürfen die demokratischen Parteien nicht länger warten und müssen das Bundesverfassungsgericht noch in dieser Legislaturperiode stärker schützen.  

Ja. In Hessen, Baden-Württemberg und Bayern sitzen von der AfD entsendete Richter an den Landesverfassungsgerichten. Vor Kurzem machte die Wahl zweier AfD-Richter ans bayerische Verfassungsgericht Schlagzeilen. Die AfD-Kandidaten wurden auch mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern gewählt – weil die Wahlordnung für die Richter*innen nur eine Abstimmung über alle Kandidat*innen gemeinsam vorsah. Nach der Wahl beklagte die CSU, man hätte es leider versäumt, die Wahlordnung schon in der vergangenen Legislaturperiode zu ändern. Der Fall zeigt deutlich, wie verletzlich die Justiz ist. Ein solches Versäumnis darf sich beim Bundesverfassungsgericht keinesfalls wiederholen.

Starkes Bundesverfassungsgericht ist lebenswichtig für die Demokratie“, Deutschlandfunk Online, 29. Januar 2024
Besserer Schutz für das Verfassungsgericht”, Süddeutsche Zeitung Online, 30. Januar 2024
„Schützt das Verfassungssystem vor der AfD!”, Spiegel Online, 19. Januar 2024

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Unterschriftenübergabe an den bayrischen CSU Justizminister

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Am 18. März hat Campact über 380.000 Unterschriften zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts an den bayrischen CSU-Justizminister übergeben. Mehr Bilder findest Du auf dem flickr-Account von Campact.

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